Der Mensch als ein soziales Wesen steht an der Front zur Bewältigung der Corona-Krise. Nach Aristoteles ist der Mensch ein „Zoon politikon“, ein soziales Wesen, das in der Verbundenheit mit anderen, im Miteinander und durch Gemeinschaftsbildung, ein erfülltes wahres Menschsein erleben kann. Dieses Veranlagung-Profil unseres Menschseins, ist in der wohlhabenden und materialistischen Gesellschaft, in der wir leben, ziemlich in den Hintergrund gerückt.

Stark durchgesetzt hat sich der „Homo Öconomicus“: Ein eher rational denkender Mensch, der sich als Ziel die Maximierung des eigenen Nutzens und Gewinnes setzt. Der meistens kontextunabhängig agiert und sich von nicht Materiellen Werten nicht leicht beeinflussen lässt. Hauptsächlich bewegt ihn die Einstellung des „Survival of the fittest“ nach vorne.
Er weiß wenig über seine Mitmenschen und er findet es uninteressant, etwas mehr über sie zu erfahren, da er der Ansicht ist: Der Markt und die Wirtschaft sind ihm am wichtigsten und für eine gute wirtschaftliche Entwicklung reicht es aus, wenn jeder nur auf sich selbst achtet.

Jedoch hat das Coronavirus durch seinen hinterlistigen, aggressiven Charakter, das Bewusstsein der Menschheit wachgerüttelt. Nichts bedeutet uns mehr als die Menschen selbst und ihre Gesundheit. Diese haben allerhöchste Priorität und sind von größter Wichtigkeit. Der Homo Öconomicus wurde in dieser Notstandssituation „ausgehebelt“.

Im Fokus stehen: die älteren und die gesundheitlich-bedürftigeren Mitmenschen.
Unsere Entschlossenheit zur gemeinsamen Bekämpfung des Coronavirus ist so groß, da wir damit besonders unsere Eltern und Großeltern, Ur- und Ur-Ur Großeltern, unsere Silver-Mentoren, die den Rückhalt unserer Gesellschaft ausmachen, in Schutz nehmen möchten.

Wir haben uns dafür entschlossen besonders unsere Mitmenschen der „Silver Society“ zu beschützen, die mit ihrer Weisheit und Lebenserfahrung, uns stets unter die Arme greifen. Die uns mit Liebe und Fürsorge den Weg zu unserem Wohlstand freigelegt haben und unsere Verbindung zu unseren Wurzeln aufrecht halten.

Das Virus hat die globale Empathie aktiviert. Die soziale Distanzierung bedeutet: Achtsamkeit für die Mitmenschen. Unser Menschsein ist in den Vordergrund gerückt und der Zusammenhalt ist in Gang gesetzt worden. Wir haben uns aus der gewohnten Individualität in Richtung Gemeinschaftlichkeit bewegt. Globale Kommunikation, Kooperationen und Austausch generieren neues Wissen, Weiterentwicklung und eine neue Art von sozialer Nähe.
Vielleicht besteht damit eine bisher unvorstellbare Ressource, die uns als nächsten Schritt zu einer humaneren Zukunft führen könnte?
Jede und jeder von uns hat dieses Entwicklungspotenzial, um sich bewusst dafür einzubringen und diese Veränderung mitzugestalten.

You must be the change you wish to see in the world” sagte Mahatma Gandi.

Die verfügbare Zeit der Isolation könnte auch eine zweite Ressource darstellen:

„Gnothi seauton!“ – Mensch erkenne dich selbst!  Ist die Inschrift am Eingang des Delphi-Tempels.
Wir haben in dieser „social distancing“ und „bleiben-wir-Zuhause-Zeit“, die Möglichkeit ein anderes Lebens-Tempo zu entwickeln. Innehalten zu lernen und unsere Gedanken und Gefühle beobachten zu können. Es besteht die Chance, die eigenen Werte und die persönliche Lebenseinstellung neu wahrzunehmen und uns bewusster darüber zu entscheiden:

Wie wir nach dieser Krise Werte, Gesundheit und Freiheit in unserem Alltag sinnvoll nutzen möchten.
Welche von den eigenen inneren Stimmen, erlauben wir in Zukunft lauter zu werden und in den Vordergrund zu rücken?
Was könnten wir vielleicht loslassen, das keinen wesentlichen Wert mehr für uns hat?
Welche Welt und Umwelt möchten wir den nächsten Generationen überlassen?

Vielleicht wäre es ja möglich, über eine ganzheitliche Balance zwischen Homo Öconomicus und Zoon Politikon, eine neue Haltung eines ausgeglichenen „Homo Politiko-Öconomicus“ in die Welt zu setzen?
Weil der Mensch beides ist: ein in einer Gemeinschaft lebendes, soziales Wesen, das auf Bindung angewiesen ist, sich aber auch, durch die Tendenz zur Individualität, schöpferischen Freiheit und Selbstbekundung, entfaltet.

Was brauchen wir dazu, um nach der Corona-Krise einen neuen, sinnvollen Lebensweg zu entwerfen und die Wirtschaft gemeinsam anzukurbeln, um auf eine menschlichere Welt, in der die Würde und die Rechte aller Menschen garantiert sind und gelebt werden, blicken zu können?

Im Hier und Jetzt ist Zusammenhalt, Geduld, Positivismus und Durchhaltevermögen, gefragt, da es sich um einen Marathonlauf handelt.

Weil, so wie Platon gesagt hat: „Wenn die Guten nicht kämpfen, gewinnen die Schlechten“.

Konstantinidou Maria